
Juli 2017
Ortsplaner Hubert Rösler, im Hintergrund der Plan für die Indust-riesiedlungen
Waldkraiburg und Aschau-Werk 1949
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Unsere Geschichte
Vor 70 Jahren: Hubert Rösler kommt nach Waldkraiburg
Der Stadtplaner machte mit seinen Ideen aus dem Werk eine Gemeinde
Vieles in der Entwicklung un-serer
Stadt in den ersten fünf
Jahren - bis zum Zeitpunkt
der Gemeindegründung im
Mai 1950 - war von Zufällen
und glücklichen Fügungen
geprägt. In der Perspektivlo-sigkeit
der Nachkriegsjahre
gab es immer wieder Perso-nen,
die mit Weitblick, Beharr-lichkeit,
Mut und Zuversicht
bereit waren, das Schicksal in
die Hand zu nehmen und für
sich und andere neue Le-bensgrundlagen
aufzubauen.
In diesem Zusammenhang
soll an Hubert Rösler erinnert
werden, den ersten Bürger-meister
von Waldkraiburg von
1950-1966. Er starb 1981 als
erster Ehrenbürger der Stadt.
Rösler stammte aus Nord-böhmen
und wurde am 27.
Februar 1900 als erster von
zwei Söhnen des Bauunter-nehmers
Karl Rösler und sei-ner
Frau Maria in Hlynai an
der Elbe geboren. Nach Be-such
von Volks- und Bürger-schule
in Salesel und Aussig
konnte er in Reichenberg die
Staatsgewerbeschule absol-vieren.
Nach Beendigung der
Militärzeit übernahm er 1923
den Filialbetrieb des Vaters in
Hirschberg am See. 1924
heiratete Hubert Rösler Ger-trud
Keil. Aus der glücklichen
Verbindung gingen fünf Töch-ter
und ein Sohn hervor.
Wenige Tage nach Kriegsen-de
wurde Hubert Rösler, wie
viele Sudetendeutsche, will-kürlich
verhaftet. Am 31. Juli
1945 wurde seine Gattin mit
ihren Kindern in einer der
berüchtigten „wilden Vertrei-bungen“
nach Sachsen ver-schleppt.
Die älteste Tochter
Gertrud wurde zur Zwangsar-beit
auf einem Bauernhof in
Böhmen verpflichtet. Nach
sechswöchiger Irrfahrt fand
Gertrud Rösler in Benkendorf
bei Halle in einem ehem.
Schloss ein Obdach. Am 30.
April 1946 wurde sie, als sie
ein Mädchen vor Vergewalti-gung
schützen wollte, von
einem russischen Soldaten
erschossen. Im Juni konnten
die Kinder zu den inzwischen
nach Kirchbrombach im
Odenwald vertriebenen Keil-
Großeltern gelangen. Hubert
Rösler wurde erst im August
1946 nach zermürbender
Lagerhaft entlassen und zu-nächst
in die sowjetische Be-satzungszone
verbracht. En-de
Oktober 1946 konnte Rös-ler
seine Kinder endlich wie-der
in die Arme schließen.
Emil Lode, der sich seit März
1946 sehr um die Ansiedlung
von Heimatvertriebenen auf
dem Gelände des ehem. Pul-verwerks
Kraiburg bemühte,
erfuhr im Frühjahr 1947 zufäl-lig
bei Gesprächen in der
Hilfsstelle für Flüchtlinge in
München, dass sich ein Archi-tekt
namens Hubert Rösler
seinerzeit mit holzsparenden
Leichtbauweisen in Nordböh-men
einen Namen gemacht
hatte und möglicherweise die
große Wohnungsnot im Krai-burger
Werk lindern könnte.
Lode nahm zu Hubert Rösler
Kontakt auf und lud ihn ein,
um hier eventuell als Bau-meister,
Architekt und Orts-planer
tätig zu werden. Rösler
folgte dem Ruf Lodes und
kam im Juni 1947 erstmals
ins heutige Waldkraiburg.
Schnell erkannte Rösler Mög-lichkeiten,
das Rüstungsge-lände
in eine Industriesied-lung
umwandeln zu können,
und begann Planungsentwür-fe
zu fertigen. Bereits am 7.
Juli 1947 stellte Rösler in ei-nem
Vortrag den Mitgliedern
der Industriegemeinschaft
seine Überlegungen dar.
Schließlich konnte 1947 auch
die Landesplanungsstelle im
bayerischen Wirtschaftsminis-terium
gewonnen werden und
Hubert Rösler wurde offiziell
mit der Ortsplanung beauf-tragt.
Zeitgleich schloss sich
Rösler dem Baumeister Gus-tav
Breite an, der hier bereits
ein Baubüro gründete. Mit
großem Elan setzte sich Hu-bert
Rösler für die neue Sied-lungsidee
ein. So ist es nicht
verwunderlich, dass sich bei
der Wahl zum Ersten Bürger-meister
am 21. Mai 1950
58 % der Bürger für Hubert
Rösler entschieden. In den 16
Jahren seiner Amtszeit konn-te
so aus dem Werksgelände
eine Gemeinde entstehen,
die bereits 1960 das Stadt-recht
verliehen bekam.
Impressum
Herausgeber: Stadt Waldkraiburg
Stadtplatz 26, 84478 Waldkraiburg
Tel.: 08638/959-0 Fax: 08638/959 200
Email: stadt@waldkraiburg.de
Gestaltung und Redaktion:
Robert Pötzsch (V.i.S.d.P.)
Weitere Autoren dieser Ausgabe:
Sonja Hoffmann, Stephanie Till, Erika Fischer, Carsten
Schwunck, Georg Deibl, Renate Leinfelder, Michaela Olbricht,
Hansjörg Malonek, Ramona Masun, Ferenc Bene, Claudia
Gelaschwili, Gabi Röpke, Eva-Maria Kamrad, Ida Hinterholzin-ger,
Leonhard Schleich, Willi Engelmann, Alexander Rahm,
Sieglinde Gohn, Regina Zinn, Klaus Ertelt, Diana Molter, Gerd
Ruchlinski, Konrad Kern;
Auflage: 13.000
Erscheinungsweise: monatlich
Nächste Ausgabe: Samstag, 05. August
Druck: Geiselberger Medien-Gesellschaft mbH, Martin-
Moser-Str. 23, 84503 Altötting