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Schwarze Schrift, grünes O
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat ein staatliches Siegel für fair produzierte Textilien eingeführt. Es heißt "Grüner Knopf" und ist das erste gesetzlich geschützte Gütezeichen dieser Art.
Das Besondere am neuen Textiletikett laut dem Minister: "Das gesamte Unternehmen wird kontrolliert. Einzelne Vorzeigeproduckte reichen alleine nicht aus. In dieser Tiefe prüft sonst keiner", behauptet Müller. Aktuell seien 27 Unternehmen damit zertifiziert, darunter Start-ups, Mittelständler, Nachchaltigkeitsvorreiter und große Unternehmen: Alma & Lovis, Aldi, Brands Fashion, CharLe, Derbe, Dibella, Engel, Feuervogel, Hans Natur, Hessnatur, Hopp, Kaufland, Kaya & Kato, Lidl, Manomama, Melawear, Millitomm, Modespitze Plauen, Phyne, Posseimo, Rewe, Schweickardt Noden, Tchibo, Trigema, Vaude, 3 Freunde. Die haben alle die Anforderungen des Siegels erfolgreich bestanden. "Wenn ein T-Shirt den grünen Knopf trägt, sind 46 Standards erfüllt", sagt Gerd Müller. 26 für das Produkt, 20 weitere Kriterien für das gesamte Unternehmen. Von A wie Abwassergrenzwerte über M wie Mindestlohn bis Z wie Zwangsarbeitsverbot. Auch das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit gehört dazu.
26 weitere Textilfirmen, etwa Hugo Boss und Socks4Fun, seien derzeit im Prüfprozess, so der Minister. Unter den Kriterien ist z.B. die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verankert. Doch reiche der meistens nicht zum Leben aus, lautet die Kritik daran. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Offenlegung der Zulieferer. Damit keine Textilfirma mehr behaupten kann, man habe von den schlimmen Arbeitsbedinungen bei den Lieferanten nicht gewusst. Einmal verliehen, gilt das Siegel für drei Jahre - und zwar nur für das gesamte Unternehmen, nicht für einzelne Produkte. "Zum Start", sagt Müller, "fangen wir mit den beiden wichtigsten Arbeitsschritten Nähen und Färben an."Hier liefen 100 Milliarden Kleidungsstücke im Jahr durch; hier arbeiteten 75 Millionen Menschen; hier verrieten die Flüsse meist die Trendfarbe der nächsten Saison, weil von jeder Färberei Tag fü Tag zweieinhalb Tonnen Chemikalien oft ungeklärt ins Abwasser komme.
Modefahrplan:
1. Zu gut für die Tonne.
Jährlich fallen in Deutschland rund 1,35 Millionen Tonnen gebrauchte Textilien und Schuhe allein aus privaten Haushalten an. Kleiderkammern und soziale Einrichtungen nehmen gut Erhaltenes gerne an, der Rest muss zum Textilrecycling. Doch fakt ist, dass nicht mal ein Prozent der weltweiten Kleidungsproduktion zu neuen Stücken recycelt wird.
2. Kaputtes lässt sich ausbessern.
Knöpfe lassen sich ganz einfach wieder annähen, das Internet bietet zahlreiche Tutorials dafür. Aufwändigere Näharbeiten erledigt ein Schneider und abgelaufene Haxen besohlt der Schuster.
3. Liebningsstücke brauchen Pflege.
Achten Sie auf die Waschanleitung, damit Textilien lange schön bleiben. Waschen Sie nicht zu heiß und nicht zu oft. Einzelne Flecken lassen sich gegebenfalls auch mit der Hand auswaschen.
4. Tauschen oder gebraucht kaufen.
Wussten Sie, dass Kleidungsstücke vom kauf-enden im Durchschnitt nur viermal getragen werden, bevor man sie wieder aussortiert? Deshalb finden sich in Tauschbörsen und Second-hand-Shops oft gut erhaltene Stücke zu einem guten Preis.
5. Weniger kaufen.
Rund zwanzig Prozent unserer Kleidung tragen wir nicht. Deswegen stellen Sie sich vor jedem Kauf die Frage: Brauche ich das wirklich? Gefällt mir das noch in einem Jahr und kann ich das gut kombinieren?
6. Beim Kauf auf Textilsiegel achten.
Fragen Sie z.B. nach dem strengen Siegel des Verbands der Naturtextilwirtschaft: IVN Best. Die dabei angesetzten Chemikalienwerte orien-tieren sich an denen des Global Organic Textile Standard (GOTS), der sich auf bilogisch ange-baute Naturfasern konzentriert; es dürfen aber auch bis 30 Prozent Recyclingfasern beige-mischt werden, und auch recycelte Synthetik wie Polyester ist erlaubt. GOTS regelt die ge-samte textile Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum fertigen Produkt, auch nach sozialen Mindeststandards. Nicht so streng ist der Grüne Knopf, dennoch eine gute Wahl.
Wussten Sie, dass ...
- ... in Deutschland jeder im Durchschnitt sechzig Kleidungsstücke im Jahr kauft? Weltweit sind das 80 Milliarden pro Jahr.
- ... 25 Prozent, also ein Viertel aller weltweit verwendeten Insektizide alleine bei der Baumwollproduktion zum Einsatz kommen?
- ... eine ungelernte Näherin in Äthiopien einen Stundenlohn von unter 20 Cent erhält?
- ... 20 Prozent der Wasserverschmutzung durch industrielle Abflüsse auf das Färben und Veredeln von Textilien zurückgeht? Damit ist die Textilbranche der zweitgrößte Wasserverschmutzer der Welt.
- ... der Anteil des Bekleidungs- und Schuhsektorts an den weltweiten Treibhausgasemissionen bei über acht Prozent liegt?
Kritische Reaktionen
Der Gesamtverband Textil+Mode, der 350 deutsche Modemarken vertritt, will den Grünen Knopf nicht empfehlen. "Er schafft mehr Siegelunklarheit als Siegelklarheit", beklagt dessen Präsidentin Ingeborg Neumann. Was Zulassungskriterien und staatliche Kontrollen angehe, so Neumann, werfe das Konzept aus dem Entwicklungsministerium mehr Fragen auf, als dass es Antworten gebe. Auch Nachhaltigkeitsmanagerin Lavinia Muth von der Modemarke Armed-Angels zweifelt an der Überprüfnarkeit. "Aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen, dass so etwas zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich ist", sagte Muth der Wirtschafts-Woche. Zudem schließt Müllers Siegel vorerst Teile der Produktionskette aus: Schließlich würden nur die Bedingungen beim Nähen, Färben und Bleichen einbezogen. Nicht aber die beim Weben, Spinnen un bei der Rohstoffproduktion. Es kann also Kleidung mit dem Grünen Knopf auf den Markt kommen, die zwar nachhaltig gefärbt wurde, aber dennoch aus baumwolle gewoben ist, die mit Pestiziden belastet ist. (tb)
-> http://www.gruener-knopf.de/includes/data/Broschuere_Nachhaltige_Textilien.pdf
-> http:www.gruener-knopf.de/verbraucher.html
-> Lesetipp: Kirsten Brodde, Alf-Tobias Zahn: Einfach anziehend - Der Guide für alle, die Wegwerfmode satthaben. 144S. 15Euro; oekom verlag