Gefährliche Liebschaften
Malerei
Jochen Twelker findet seine Motive im Alltag - beim Blick in den Kleiderschrank, auf den Wühltisch im Kaufhaus oder in einer anonymen Menschenmenge. Wäschestapel aus buntbedruckten Textilien oder am Körper getragene T-Shirts und Blusen mit geometrischen Mustern sind Anlass für seine Malerei.
Dabei interessieren ihn Stoffmuster, die sich aus einem in der Geschichte der modernen Malerei vorhandenen Konvolut abstrakter Formen bedienen: Streifen, Quadrate oder farbige Punkte sind die sich immer wiederholenden Elemente. In den neueren Bildern schleust Jochen Twelker auch Stoffe mit gegenständlichen Bildmotiven ein: In »Rumble in the Bronx« sind es vier »Portraits«, die an japanische Manga-Comics und Popart erinnern, es kann aber auch eine Südseelandschaft oder ein Jesusgesicht sein.
Jochen Twelker wählt bei seiner Arbeit extreme Nahsichten sowie große Formate, sodass eine Wiedererkennung des realen Gegenstands - die Muster von Hemden, Pullovern oder Blusen, die zudem oft am Körper getragen werden - erschwert wird. Außerdem gibt er seinen Arbeiten gerne Bildtitel, die allgemein bekannte Filmtitel zitieren und schafft so einen weiteren Bedeutungsraum: Der Betrachter kann nun assoziativ die Bilder in Beziehung zu filmisch erzählten Geschichten setzen, oder sie als abstrakte Malerei lesen.
Wurde das Anliegen der Befragung von Bild-Wirklichkeit bereits in den älteren Arbeiten durch Bezug auf die Kunstgeschichte sowie über den Bildtitel eingeschleust, so thematisiert Jochen Twelker diese Fragen in den neuesten Arbeiten direkt durch ein »Mehr« an Gesehenem und Sichtbaren. Der Bildraum wird noch weiter geöffnet, der Ausschnitt wird zum Panorama. Doch gleichgültig, ob Twelker eine Gruppe von betenden Moslems oder eine Wahlkampfveranstaltung mit Gouverneur Schwarzenegger wählt, hier erklärt die Nacherzählung von Wirklichkeit nichts, sondern wirft Fragen auf, die jedoch auf produktive Weise unbeantwortet bleiben. Im bewusst angezielten, aber nicht entschiedenen Widerstreit der Bedeutungen und im Spiel der gefährlichen Liebschaften behauptet sich die farbenprächtige Malerei Jochen Twelkers als Wert an sich und erklärt das Bild selbst zum letztendlichen Gegenstand des Interesses.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Kerber Verlag mit Texten von Elke Keiper und Stefanie Kreuzer.