Seit einigen Jahren zählt Jens Wolf zu den herausragenden Vertretern des Neoformalismus in der Malerei. Dabei spielen die vom Künstler „Pattern Boards" genannten Tafelbilder eine besondere Rolle. Nachdem sich in 2012 eine Ausstellung ausschließlich den „Pattern Boards" gewidmet hat, untersucht die aktuelle Schau „Constructed Identities" in der Städtischen Galerie Waldkraiburg nun das Verhältnis von Pattern Board und Großformat und damit das für Jens Wolfs Werk grundlegende Konzept von Entwurf und Original.
Bei der Entwicklung seiner Arbeiten geht Jens Wolf vom historischen Formenvokabular geometrischer und konstruktiver Malerei aus, unterläuft aber konsequent die ihnen zu Grunde liegenden ästhetischen Konventionen. Seine Bilder zeigen gleichermaßen elementare, wie einfache Formen, die jeweils mit wenigen, eindeutigen Farben umgesetzt sind. Allerdings macht Jens Wolf die Spuren ihrer Konstruktion und Herstellung zum selbstverständlichen Teil jeder Arbeit. Zudem verwendet er als Bildträger keine Leinwand sondern Sperrholztafeln, deren leichte Holzmaserung und Gebrauchsspuren er ausdrücklich zulässt oder sogar bewusst als Fehlstellen konstruiert. Was die von ihm gewählten geometrischen Figuren betrifft, so werden diese wie zufällig an den Bildrand gerückt, von ihm angeschnitten oder eigentümlich aus der Bildachse verschoben.
Diesen mit großer Genauigkeit und Präzision entwickelten Bildern kommt im Werk des Künstlers eine besondere Bedeutung zu. Die von Jens Wolf „Pattern Boards" genannten und nach gleichem Maßstab angelegten Tafelbilder sind einerseits als gültige Originale zu verstehen. Gleichzeitig erfüllen sie aber auch die Funktion einer Vorlage, werden sie doch bei Bedarf in weiteren Größen erneut ausgeführt. Vergleicht man die kleineren Bildversionen mit den anschließend entstandenen großen Formaten, so fällt auf, dass diese nahezu identisch erscheinen. In der Regel folgen die Großformate ihren kleineren Geschwistern maßstabsgetreu, sodass es fast angemessen scheint, hier von Klonen zu sprechen. Gerade im Zeitalter des Internets wäre das ja auch insofern nicht falsch, scheinen doch alle heute vorhandenen Bilder sowieso beliebig reproduzierbar, sind größenunabhängige, identische Kopien jederzeit verfügbar.
Und doch schlägt die Malerei von Jens Wolf hier einen Haken, öffnet gerade durch die Bestätigung des Status Quo eine neue Perspektive. Denn im realen Raum entwickelt jedes nächstgrößere Format eine eigene Körperlichkeit - und jedes gleichlautende Motiv erhält dadurch einen neuen, individuellen Auftritt. Im Hinblick auf das repetierte Bildmotiv erscheinen Pattern Board und Großformat zunächst gleichartig und doch treten sie als objekthafte Tafelbilder jeweils neu in Erscheinung, erhält jedes gemalte Bildformat eine ihm eigene Präsens. Somit sind die Arbeiten von Jens Wolf beides in einem: sie sind streng festgelegte, malerische Konstruktionen, die klaren Verfahrensweisen folgen, wie auch eigenständige Einzelbilder mit eigenem Charakter und Ausdruck - eben „Constructed Identities".