Unsere Geschichte
Vor 70 Jahren:
Aus einem Sprengölbunker wird eine Kirche
Die Bunte Seite
Radfahren in Waldkraiburg
Tipps für einen schönen Frühling in Waldkraiburg
DIE BUNTE SEITE 23
In Waldkraiburg gibt es viele tolle Radtouren für die ganze Familie. Wie wäre es zum
Beispiel mit einer Fahrt der Eiszeit Tour?
Diese Tour ist eine Zeitreise in die letzte Eiszeit, denn am Inn wird die Erdgeschichte
lebendig. Los geht es in Kraiburg. Wenn du mit dem Zug anreist, bietet sich Mühldorf
auf der anderen Seite der Tour als Startpunkt an.
Vom Schlossberg in Kraiburg kannst du die Flussmäander des Inns überblicken, bevor
du deine Radtour startest. Zwischen den naturbelassenen Innschleifen und dem Inn-kanal
fährst du nach Ebing, wo 1971 zufällig ein vollständig erhaltenes, 10 Millionen
Jahre altes Skelett eines Urelefanten entdeckt wurde.
Auf deinem Weg nach Mühldorf zeigen die Innterrassen, mit welchen Kräften die Glet-scher
die Landschaft verändert haben. In Mühldorf ist es Zeit für eine Pause. Wie wäre
es mit einem leckeren Eis?
Im Sommer kannst du den Inn mit der historischen Fähre überqueren, ansonsten führt
dich die hübsche Brücke auf die andere Flussseite. Auf deinem Rückweg nach Kraiburg
erwartet dich ein ganz besonderes Highlight, die Heistinger Wand, die letzte unver-baute
Steilküste entlang des Inns.
Wir wünschen euch viel Spaß dabei!
Dass es in unserer Stadt viele Bunker gab, die nach dem Zweiten Weltkrieg neuen, sinn-vollen
Nutzungen zugeführt wurden, ist allseits bekannt. Von einer ganz besonderen
„Karriere“ kann der Bunker Nr. 5 erzählen:
Bunker Nr. 5 diente als „Durchreibehaus“ innerhalb des Ölbergs I. Jeder der vier Ölberge
bestand aus zehn verschiedenen Gebäuden mit den jeweiligen Gebäudenummern 1
bis 10 (seit 1970 im südlichen Stadtpark), 11 bis 20 (seit 1970 im nördlichen Stadt-park),
101 bis 110 (seit 1959 Haus Sudetenland) und 111 bis 120 (seit 1985 Ostpark).
Die einzelnen Bunker waren in unterschiedlicher Höhe gebaut und untereinander mit
Leitungen und Röhren verbunden, in denen das hochexplosive Sprengöl, Ausgangspro-dukt
für die Pulverfabrikation, von einem zum anderen Verarbeitungsschritt frei fließen
konnte. Die Ölberge waren mit Erde überschüttet und mit Tarnbewuchs gepflanzt. Den-noch
waren sie ohne Mühe von der Luft aus gut zu erkennen. Im Dezember 1940 wurde
in den Ölbergen I und II die Produktion aufgenommen.
Laut einem Eintrag im Sterbebuch des Standesamts Aschau, zu dem das Werksgelände
bis 1950 verwaltungsmäßig gehörte, ist zu entnehmen, dass am 16. Juli 1942 der Fa-brikarbeiter
Adam Heinrich durch Einklemmung in einer Maschine mit 55 Jahren töd-lich
verunglückte. Der Mann stammte aus Ortenburg in Niederbayern und gehörte der
Evangelisch-Lutherischen Konfession an. Die alte Grafschaft Ortenburg war bis 1805 die
einzige evangelische Enklave im katholischen Altbayern. Niemand hätte 1942 daran
gedacht, dass ausgerechnet diese Unglücksstelle knapp neun Jahre später Mittelpunkt
einer evangelischen Kirchengemeinde werden sollte.
Alle vier Ölberge blieben bei der Bombardierung des Werks am 11. April 1945 fast un-beschädigt.
In den Jahren 1946 bis 1948 wurde die gesamte Einrichtung der Ölberge demontiert
und als Reparationsgut abtransportiert und die leeren Bunker anschließend gesprengt.
Aus nicht bekannten Gründen blieb von den insgesamt 40 Ölberg-Bunkern nur Bunker
Nr. 5 stehen. Der Chemiker und Firmengründer Matthias Thoma konnte 1947 von der
Verwaltung des Montan-Werks erreichen, dass er u.a. auch diesen Bunker nutzen durf-te.
Aufgrund der massiven Schäden durch die Sprengungen in unmittelbarer Nachbar-schaft
musste Thoma allerdings bald auf andere Bunker ausweichen.
Als mit der Zunahme der Bevölkerung im Werksgelände auch die Schulraumfrage im-mer
drängender wurde, beauftragte die Flüchtlingsverwaltung im Februar 1950 das
Landbauamt Rosenheim, Bunker 5 in ein Schulhaus umzubauen. Diese Idee wurde aber
nicht realisiert.
Die im März 1951 gegründete Tochterkirchengemeinde Waldkraiburg war auf der
Suche nach einem geeigneten Bunker, den man in eine Kirche umbauen konnte. Bei
Bunker 5 wurde man schließlich fündig. Albert Köhler vom bayerischen Landeskirchen-amt
in München wurde mit den Planungen beauftragt. Und schon am 17. Juni 1951
konnte Oberkirchenrat Hans Schmidt die Weihe vornehmen. Der Bau beinhaltete auch
eine kleine Wohnung für den Pfarrvikar. 1958 erhielt das Gotteshaus den Namen „Mar-tin-
Luther-Kirche“, die inzwischen drei kleine Glocken erhielt. Bis zur Weihe der neuen,
benachbarten Martin-Luther-Pfarrkirche 1964 war Bunker 5 13 Jahre lang Zentrum der
evangelischen Pfarrei. Zur Nutzung als Kindergarten und Gemeindetreffpunkt wurde
der Bau nach 1964 mehrmals umgebaut - zuletzt im Jahr 1998.
Radfahren mit der ganzen Familie ist eine tolle Beschäftigung in der warmen Zeit des Jahres.
Die evangelische Bunkerkirche an der Karlsbader Straße, um 1960