Unsere Geschichte
60 Jahre Haus Sudetenland
DIE BUNTE SEITE 23
Haus Sudetenland auf den Ruinen des Ölbergs III, Luftbild von 1960
Interview
Ökumenischer Gottesdienst auf dem Volksfest
Ein Interview mit Benjamin Klammt (Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde), Lars Schmitt
(evangelisch-lutherische Kirche) und Pater Bernhard Stiegler (Katholische Kirche)
Wie sind Sie auf die Idee des Gottesdienstes
gekommen?
Bernhard Stiegler und Benjamin Klammt: Die
Idee beim Volksfest zu einem ökumenischen
Gottesdienst einzuladen, stammt von Pfarrer Lars
Schmitt, der sich darüber einmal mit dem Bürgermeister
unterhalten hatte und feststellen durfte,
dass auch er ein solches Angebot unterstützen
würde.
Lars Schmitt: Wenn viele nicht mehr den Weg in
die Kirche finden, warum nicht versuchen, zu den
Menschen zu gehen? Was in der Christnacht im
Stadtpark prima klappt, könnte doch auch sonst
eine gute Idee sein – so entstand der ökumenische
Stadtparkgottesdienst der evang.-luth. mit
der freikirchlichen Gemeinde vor ein paar Jahren.
Da wir dieses Jahr keinen gemeinsamen Termin
fanden, hatte ich die Idee vom Volksfestgottesdienst
– und die Kollegen röm.-kath. wie freikirchl.
waren gleich mit an Bord, unsere Gemeinden
unterstützen das Projekt. Offene Ohren beim
Bürgermeister und bei Norbert Meindl führten
nun dazu, dass die Idee Wirklichkeit wird. Vielen
Dank auch an den Festwirt für die Unterstützung.
Was ist die Besonderheit des Gottesdienstes?
Alle drei Kirchenvertreter: Besonders ist bei diesem
Gottesdienst der Rahmen und der Ort, sowie
die Tatsache, dass es ein ökumenischer Gottesdienst
unter Mitwirkung von drei in Waldkraiburg
beheimateten christlichen Konfessionen ist:
Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde, evangelisch
lutherische Kirche und Katholische Kirche.
Was erwartet die Besucher bei dieser Veranstaltung?
Benjamin Klammt: Unter anderem gute Musik
der Band Salz sowie drei kurze Andachten zu Versen
aus dem Buch des Propheten Jeremia.
Lars Schmitt: Auf der Grundlage des Jeremia-Textes
vom Rathaus-Mosaik („Suchet der Stadt Bestes“)
wollen wir drei in kurzen Ansprachen überlegen
wie Kirche und Stadt füreinander da sein,
miteinander für die Menschen unserer Stadt
arbeiten können; uns ist es wichtig, das gerade in
Zeiten voller Vorurteile ein „Wir“-Gefühl Gemeinschaft
schafft und trägt: Wir in unserer Stadt – egal
welcher Konfession, egal welcher Kultur und Herkunft.
Toll ist es, dass Bürgermeister Pötzsch die
Lesung übernimmt.
Bernhard Stiegler: Wir hoffen, dass wir durch diesen
gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst
ein Zeichen der Einheit von Christen trotz unterschiedlicher
Konfessionen setzen können.
Was gehört für Sie auf jeden Fall zu einem
Volksfest dazu?
Lars Schmitt: Mit meinem Sohn Riesenrad oder
Karussell zu fahren, Mittags ruhig im Zelt Brotzeit
machen, am Tag der guten Nachbarschaft vorbei
zu schauen.
Benjamin Klammt: Karusselle für meine Kinder
und gebrannte Mandeln.
Bernhard Stiegler: Zu einem Volksfest gehört für
mich, dass man bei guter Stimmung vielen Menschen
begegnen kann. Die Musik spielt dabei
eine große Rolle, aber auch der Genuss von deftigen
Speisen und Getränken und der Geruch von
typischen Volksfest- Schmankerln, oder auch nur
von Popcorn und Zuckerwatte. Seit einigen Jahren
beteilige ich mich beim „Prominenten-Schießen“.
Das Haus Sudetenland wird 60 Jahre alt. Am 26. Juli 1959 fand die Einweihungsfeier
statt. Seither gehört das Haus Sudetenland als eine weit über die
Grenzen der jungen Stadt bekannte Jugendbildungsstätte selbstverständlich
zu Waldkraiburg dazu. Aber wie entstand diese Einrichtung? Am 10. Oktober
1956 trafen sich sieben führende Männer aus der Sudetendeutschen
Landsmannschaft und hatten die gemeinsame Idee eine Einrichtung der
Jugendbegegnung zu gründen. Mit großem Einsatz schafften sie es einen
Trägerverein, das Jugendförderungswerk ins Leben zu rufen und viele Zuschüsse
zu sammeln, um die Baukosten von 550.000 DM finanzieren zu
können. Als Bauplatz wurde einer der vier ehemaligen, so genannten „Ölberge“
des ehem. Pulverwerks Kraiburg festgelegt. Jeder Ölberg bestand
aus zehn verschiedenen Fabrikgebäuden zur Herstellung von Sprengöl,
dem Ausgangsprodukt von Pulver. Die Ölberge wurden 1947 auf Anordnung
der amerikanischen Besatzungsmacht gesprengt. Gründungsbürgermeister
und Architekt Hubert Rösler hatte die kühne Idee auf den massiven
Bunkerruinen das hochaufragende, vierstöckige Gebäude in Leichtbauweise
zu errichten. Nach der feierlichen Einweihung konnte Heimleiter Otto Thuma
bereits am 29. Juli 1959 die ersten Gäste begrüßen. Bis zum Jahresende
1959 waren bereits 2.089 Übernachtungen gezählt worden. 1966 übernahmen
das Ehepaar Sigrun und Horst Rössler die Leitung des Hauses. Im
September 1969 konnte der 100.000ste Gast begrüßt werden. Der Zeltplatz
unterhalb des Hauses an der Kopernikusstraße wurde 1983 neu gebaut und
bekam die Bezeichnung „Haus Hotzenplotz“. Wenige Jahre später, 1986,
wurde die Jugendbildungsstätte mit dem Seminarhaus „Gustl Berauer“ erweitert.
Am 24. Juni 1989 begrüßte Horst Rössler den 500.000sten Gast.
Nachdem Rössler erkrankte, gab das Jugendförderungswerk die Leitung des
Hauses am 1. Juni 1996 in die Hände von Leonhard Schleich. Trotz vieler
Schwierigkeiten und Rückschläge, die sich immer wieder bei der Findung
neuer Gäste ergeben, konnte im Mai 2017 der ein-millionste Gast gefeiert
werden. Seit Sommer 2018 leitet Lars Discher das Haus.
Haus Sudetenland ist seit 60 Jahren Treffpunkt einer zu meist jungen, äußerst
bunt gemischten Gästeschar. Ob es Schulkinder, Studenten, Musikbegabte,
Theaterleute, Heimatpfleger, Heimatvertriebene, ausländische
Besucher, kirchliche Gruppen, Menschen aus caritativen Verbänden oder
Militärangehörige sind: alle fühlen sich in der einzigartigen Atmosphäre des
Hauses wohl und kommen gerne wieder, um sich fortbilden, Freude und Gemeinschaft
erleben zu können. Ad multos annos - Haus Sudetenland!