Familienzentrum Waldkraiburg e.V.
Eine (Kinder)-Geschichte in Zeiten von Corona
Der Mehlkönig
Der Mehlkönig wohnte in einem Supermarkt in Waldkraiburg. Besitzer
dieses Supermarktes war Herr W. Er war im Moment ein bisschen traurig,
denn auf der großen weiten Welt herrschte eine Pandemie. Der Virus hieß
Covid19 und man musste sehr aufpassen, dass man sich nicht ansteckte.
Den Leuten wurde sogar eine beschränkte Ausgangssperre verhängt, sie
durften nur noch für ganz wichtige Dinge wie Arbeit, Arzt, Apotheke und für
Lebensmittelkauf außer Haus. Alle Veranstaltungen, Fußballspiele etc. waren
abgesagt, ja sogar die Kinder durften nicht mehr in die Schule, in den
Kindergarten oder auf den Spielplatz gehen. Die Menschen arbeiteten, wo
immer es ging, von zu Hause aus. Sie liefen sogar mit einem Mundschutz
umher, der eine Ansteckung verhindern sollte. Mindestens 1,5 m Abstand
sollte man zum nächsten Menschen einhalten, gab die Regierung von
Deutschland vor. Spuckwände zum Virenschutz wurden bei den Kassen im
Supermarkt von Herrn W. angebracht und besondere Hygienemaßnahmen
wurden eingehalten. Die Leute hatten Angst und die Kranken wurden immer
mehr und manche Menschen fingen an, in den Supermärkten zu hamstern.
Sie kauften mehr als sie eigentlich brauchten und legten sich einen großen
Vorrat an. Einige Lebensmittel wie z. B. Mehl, Seife, Hefe und Toilettenpapier
waren komplett ausverkauft. Und wenn tatsächlich wieder Nachschub kam,
waren die Regale wieder im Handumdrehen leer.
Eines Tages, am dritten April im Jahre 2020, es war schon Abend und der
Supermarkt hatte schon geschlossen, hörte Herr W. ein jammervolles Wispern:
„Ich brauche Hilfe!“ Herr W. war irritiert! Da hörte er es schon wieder.
Was war das? „Ist da jemand?“, fragte er. „Ich habe solche Angst“, konnte der
Marktleiter hören. Herr W. wusste nicht, ob er träumte oder ob da wirklich
jemand sprach. Wo kam das bloß her? Wer konnte das denn bloß sein? Herr
W. hörte nun ein trauriges Schluchzen, das aus dem Mittelgang kam, dort wo
die ganzen Backzutaten waren. Der Einkaufsleiter lief so schnell er konnte
durch den Markt und folgte dem Schluchzen. Er kam dem Weinen immer
näher, immer lauter konnte er es hören. Herr W. war furchtbar erschrocken.
Was war denn da bei ihm im Laden los? Nun hörte er es ganz deutlich. Er
ging ganz vorsichtig Regal für Regal durch, schaute nach oben und zur Seite,
konnte aber einfach nichts finden. Herrn W. wurde plötzlich ganz bang. Da
weinte jemand ganz, ganz erbärmlich. Herr W. konnte immer noch nichts
entdecken. Plötzlich schon wieder, eine schon ganz heisere, vom vielen
Weinen unterdrückte Stimme: „Ich brauche Hilfe!“ Herr W. erstarrte, bewegte
sich nicht mehr und seine Augen wanderten stillschweigend nochmals
durch seine Regale. Die Stimme kam von weit unten. Herr W. bückte sich,
erforschte mit seinen Augen die unterste Regalreihe und sah in der letzten
Ecke ganz hinten links, unter dem Regal, ein kleines Paket Mehl liegen, an
einer Stelle schon vollkommen aufgeweicht von seinen vielen vergossenen
Angsttränen. Herr W. hob die Packung Mehl vorsichtig auf und sagte: „Was
ist denn hier los?“ Da das Mehl ganz erbärmlich weiter weinte, wollte Herr W.
das Mehl trösten und sagte: „Du hast es geschafft... du bist jetzt das einzige
Mehl in meinem Laden... du bekommst von mir den besonderen Namen
„Mehlkönig.“ Herr W. nahm den Mehlkönig mit in sein Büro, setzte dem
Mehlkönig eine funkelnde Krone auf und hängte ihm ein rotes Mäntelchen
um. Der Mehlkönig beruhigte sich etwas. Er erzählte Herrn W. schluchzend,
was er in seinem Laden gesehen hatte. Er erzählte, dass sich die Menschen
gestritten hätten, weil mehrere Leute auf einmal mehrere Packungen Mehl
kaufen wollten. Die Menschen konnten einfach nicht genug kriegen. Der
Mehlkönig erzählte, dass die Menschen sich gegenseitig das Mehl wieder
aus den Einkaufswagen genommen hätten. Der Mehlkönig erzählte weiter,
dass er mitansehen musste, wie eine alte Frau kein Mehl mehr bekam, weil
die Leute alles wegkauften, egal ob sie es gerade brauchten oder nicht. Die
alte Frau war darüber sehr, sehr traurig. Der Mehlkönig konnte all das nicht
fassen. Sowas hatte er noch nie gesehen. Herr W. überlegte, zog die Stirn
nach oben und suchte nach irgendeiner Lösung. Herr W. musste doch immer
wieder mal Probleme lösen. Und siehe da, er wusste auch hier Rat. Der
Marktleiter hatte eine gute Idee. Er erzählte dem Mehlkönig, dass die Leute
ab sofort nur noch zwei Packungen Mehl pro Einkauf mitnehmen dürfen. Er
versprach dem Mehlkönig, dass er sofort ein Schild am Mehlregal anbringen
würde, auf dem ein durchgestrichener Hamster zu sehen war. Außerdem
würde am Mehlregal dieser Schriftzug sein:
„Pro Einkauf dürfen nur noch zwei Packungen Mehl mitgenommen werden!“
Ebenso würde Herr W. seinen Mitarbeitern Anweisungen geben, dass die
Mitnahme von mehr als zwei Packungen Mehl in Zeiten von Corona in seinem
Supermarkt nicht mehr erlaubt sei. Die Tränen vom Mehlkönig versickerten
langsam. Der Mehlkönig wurde langsam zufriedener und freute sich
darüber, dass künftig die Verteilung des Mehls gut organisiert war. So war zu
dieser Zeit für alle Menschen genug Mehl vorhanden.
Jetzt aber hatten die Menschen die Aufgabe, die Pandemie zu besiegen. Am
Ende wird alles gut werden und wenn es bis zum heutigen Zeitpunkt noch
nicht gut ist, dann ist es noch nicht zu Ende.
Helfen wir zusammen! Wir schaffen das!
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